Der europäische Integrationsprozess befindet sich in einer massiven Krise: die Euro-Krise und die Staatskrisen in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und weiteren Ländern, die Krise des politischen Integrationsprozesses, der Legitimationsverlust der EU und das völlige Fehlen, eines neuen europäischen Projektes. Vor dem Hintergrund dieser »Vielfachkrise«, eskalieren vor allem in den am stärksten betroffenen Ländern die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Doch dies betrifft nicht nur die Demokratiebewegungen Südeuropas gegen die neoliberale Austeritätspolitik. Rechtspopulistische und faschistische Bewegungen bestimmen reaktionäre und anti-europäische Krisenreaktionen u.a. in Finnland, Dänemark, Ungarn und den Niederlanden. Ob die Europäische Union diese Krisen überleben wird, lässt sich zurzeit nicht sagen. Während die neoliberale Integrationsweise der EU sich weiter radikalisiert, wird deutlich, dass sie keine plausiblen Antworten auf die Krise geben kann. Im Gegenteil, neoliberale Politik wirkt krisenverstärkend.
Der Beitrag der sozialwissenschaftlichen »Europaforschung« zur kritischen Analyse dieser Entwicklungen ist marginal. Herrschaftskritische Ansätze sind hier randständig, auch weil sie die Rolle der EU lange Zeit unterschätzt haben. Die AkG-Tagung reagiert auf diese Leerstelle. Vor dem Hintergrund der massiven und multiplen Krisen, führt sie unterschiedliche kritische Perspektiven auf den europäischen Integrationsprozess zusammen. Ziel der Tagung ist es, den Strang einer kritische Europaforschung aufzugreifen und weiterzuentwickeln.
Die Vielfachkrise macht eine Analyse notwendig, in der die unterschiedlichen gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse beleuchtet werden, welche die Krise des europäischen Integrationsprozesses strukturieren. Deshalb wird die Tagung die Krise der EU aus der Perspektive einer intersektionalen Kapitalismusanalyse untersuchen. Sie beginnt am Donnerstag (29.9.2011) mit einer Auftaktveranstaltung, bei der – als Grundlegung für die gesamte Tagung – der Debattenverlauf der sozialen Bewegungen über Klasse/Geschlecht/Race/Sexualität rekonstruiert und der derzeitige Stand rekapituliert werden soll. Bis Sonntag, 2.10.2011 verläuft die Tagung in drei thematischen Blöcken: Wirtschaftskrise & EU-Institutionen, Staat/Recht und EU, EU im globalen Kontext. Die jeweiligen Referent_innen werden zusätzlich zu der von ihnen üblicherweise in den Blick genommenen herrschaftskritischen Perspektive, weitere Achsen der Ungleichheit einbeziehen.
Die AkG-Tagung wird vorbereitet von den Mitarbeiter_innen im DFG-Forschungsprojekt »Staatsprojekt Europa«.
Was? Wann? Wo?
Tagung der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG),
29. September bis 2. Oktober 2011, Frankfurt am Main
UnterstützerInnen
Für die finanzielle und organisatorische Unterstützung der Tagung bedanken wir uns bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung, dem Asta der Universität Frankfurt, dem Fachschaftenplenum der Universität Frankfurt sowie der Forschungsgruppe Europäische Integration (FEI) an der Universität Marburg.
Dateien
- Tagungsprogramm »Kämpfe um die institutionelle Struktur der EU in der Krise« pdf, 353.79 KB