Elmar Altvater (*1938), Professor für politische Ökonomie am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin und einer der profiliertesten kritischen Wissenschaftler der Bundesrepublik, ist am 1. Mai 2018 gestorben. Die Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG) trauert um Elmar Altvar. Wir dokumentieren den Nachruf von Alex Demirović, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Gründungsmitglied der AkG.
Elmar Altvater
Geboren am 24. August 1938 in Kamen – gestorben am 1. Mai 2018
Wir trauern um Elmar Altvater, den Diskussionspartner, wissenschaftlichen Forscher und Lehrer, den politischen Mitstreiter, den Freund. Elmar war engagiert an den Aktivitäten der bundesdeutschen Linken seit den 1950er Jahren beteiligt, er war Mitglied des SDS, des Sozialistischen Büros, der Grünen, schließlich der Partei DIE LINKE. Mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat er auf vielfältige Weise kooperiert, als Referent, Autor und Interviewpartner. In die politischen und wissenschaftlichen Diskussionen der Linken seit den 1960er Jahren hat er mit unzähligen Texten eingegriffen. Gemeinsam mit anderen gründete er 1971 die Zeitschrift «Probleme des Klassenkampfs», zu deren Redaktion er bis 2007 gehörte. In dieser Zeitschrift wurden maßgebliche Beiträge zur Kritik der politischen Ökonomie und zur Ableitung des bürgerlichen Staates publiziert, die international rezipiert wurden.
Ein wichtiger Strang von Elmars Arbeit war die kritische Auseinandersetzung mit dem Weltmarkt, der Abhängigkeit der Länder des Südens und dem internationalen Schuldenregime. Elmar war weitläufig vernetzt und engagierte sich in Kampagnen für die Entschuldung der Länder des Südens. Der Kritik der kapitalistischen Globalisierung widmeten er und Birgit Mahnkopf zwei bedeutende, die Kritik der politischen Ökonomie erweiternde Bücher, die auf die Diskussion in der Linken einflussreich wirkten: «Grenzen der Globalisierung. Ökonomie, Ökologie und Politik in der Weltgesellschaft» und «Globalisierung der Unsicherheit – Arbeit im Schatten, schmutziges Geld und informelle Politik». Der Kritik der «neoliberalen Konterrevolution», wie sie mit dem Washington Consensus verfolgt wurde, galt auch sein Engagement im Zusammenhang von Attac.
Seit den 1970er Jahren hat ihn umgetrieben, eine Verbindung von Gewerkschafts- und Ökologiebewegung herzustellen. Marxsche Theorie und politische Ökologie wollte er zusammenführen und hat diesem Thema zahlreiche Publikationen gewidmet. Originell und vielfach diskutiert, war sein Versuch, Überlegungen der Thermodynamik in die Kritik der politischen Ökonomie zu integrieren. In den vergangenen Jahren hat er sich intensiv mit Fragen des Anthropozäns und des Kapitalozäns befasst, dazu auch sein letzter Beitrag in der Zeitschrift LuXemburg.
Zwei seiner letzten Buchveröffentlichungen tragen die Titel «Marx neu entdecken» und «Engels neu entdecken». Das steht symbolisch für Elmars intellektuelle Arbeit und politisches Engagement und stellt eine programmatische Aufforderung dar. Wir werden die Insistenz vermissen, mit der er darauf hingewiesen hat, dass die Linke zur Lösung der großen Fragen der Menschheit beitragen muss.
Weitere Nachrufe
Elmar Altvater gestorben (Nachruf des Wissenschaftlichen Beirats und des Koordinierungskreises von Attac Deutschland, 2.5.2018)
Kritik in praktischer Absicht: zum Tode von Elmar Altvater (Tom Strohschneider, Oxi Blog, 2.5.2018)
Die solare, solidarische Gesellschaft (Rudolf Walther, taz, 2.5.2018)
Elmar Altvater ist gestorben (Willi Winkler, Süddeutsche Zeitung, 2.5.2018)
Eine Weihnacht mit Marx. Zum Tod des einflussreichen linken Politikwissenschaftlers Elmar Altvater (1938-2018) (Guido Speckmann, Neues Deutschland, 3.5.208)
Weltbürger des demokratischen Sozialismus (Hajo Funke, Tagesspiegel, 3.5.2018)