Antidemokratische Konservative. Feinde einer offenen, solidarischen und gleichberechtigten Gesellschaft
Tagung der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkG), 30. November bis 2. Dezember 2018 in Hamburg
Ob Trump, Erdogan, Orbán oder die AfD – antidemokratische Konservative feierten in den letzten Jahren vielerorts auf der Welt politische und mediale Erfolge. In öffentlichen Debatten fallen sie durch eine aggressive Freund-Feind-Rhetorik mit ausgeprägter Verschwörungsmentalität auf, die einen demokratischen Austausch von Sachargumenten verhindert. Die Gesellschaft imaginieren sie als wahlweise von „einem feministischen Volkssturm“, „illegaler Masseneinwanderung“, „elitären Hipstern“, „der Anti-Abschiebe-Industrie“, „Leuten des Spekulanten“, „Terror-Helfern“, „linksextremen“ Medien oder „versifften links-rot-grünen 68ern“ dominiert und bedroht. Der geforderte Umgang mit diesen „Feinden“ reicht – je nach Grad der politischen Radikalität – vom Ziel einer konservativen Wende, um sie politisch in ihre Schranken weisen über den Ruf nach Inhaftierung bis hin zu Gewaltphantasien einer physischen Vernichtung („an die Wand stellen und Löschkalk obendrauf streuen“ bzw. „notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen“). Dort, wo sie an der Regierung sind, treiben antidemokratische Konservative einen autoritären Umbau des Staats voran: Rechtsstaatliche Garantien werden ausgehöhlt, Wahlsysteme werden autoritär restrukturiert, die demokratische Zivilgesellschaft wird bekämpft, Presse-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit werden eingeschränkt, individuelle Grundrechte werden durch eine Ausweitung polizeilicher Befugnisse abgebaut (z.B. neues Polizeigesetz in Bayern), soziale Sicherungssysteme gekürzt, Minderheiten werden exkludiert und entrechtet (z.B. Anker-Zentren), neonazistische Organisationen werden normalisiert und Frauenrechte zur Disposition gestellt. Der Begriff der „Demokratie“, so zeigt diese Entwicklung, wird von den antidemokratischen konservativen Akteuren inhaltlich entleert und durch ein staatszentriertes und teils völkisch aufgeladenes Politikverständnis ersetzt, das nicht selten an die Theorietradition der prä-faschistischen „Konservativen Revolution“ (u.a. Jünger, Spengler, Schmitt) in Deutschland erinnert. Die eigene (autoritär-konservative) Position wird als Ausdruck eines einheitlichen Volkswillens verstanden und inszeniert, wodurch alle, die diese nicht teilen, rhetorisch zu „Volksverrätern“ werden. Gegenüber vielfältigen postmigrantischen und zumindest teils relativ liberalen Gesellschaften werden kulturelle Homogenität und konservative Wertvorstellungen propagiert, die (notfalls mit Gewalt) durchgesetzt werden sollen.
Auf unserer Tagung wollen wir uns mit Ursachen, Hintergründen und Folgen des Bedeutungsgewinns antidemokratisch-konservativer Positionen auseinandersetzen. Am Beispiel von fünf Ländern bzw. Ländergruppen – Deutschland und Österreich, Kolumbien und Brasilien, der Türkei, den USA sowie Polen und Ungarn – legen wir dabei den Schwerpunkt auf vier Themenbereiche: Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, Klassenverhältnisse, Geschlechterverhältnisse sowie Rassismus und Migrationspolitik.
Programm
-> Für die finale Version des Programms siehe die pdf-Version (Download rechts) <-
Freitag, 30.11.2018
14:00-16:00 Uhr: Workshop „Autoritäre Formierung im digitalen Kapitalismus“ (Arbeitstitel)
Die Digitalisierung sämtlicher Lebensbereiche und eine zunehmende Verschiebung der Gesellschaft ins Autoritäre (autoritärer Populismus, Rechtsruck etc.) sind zwei dominante Entwicklungen, die sowohl kritische Sozialwissenschaften als auch die gesellschaftliche Debatte beschäftigen. Es gibt jedoch kaum Versuche, beide Trends systematisch in Beziehung zueinander zu setzen. Hier setzt der Workshop an.
In einer ersten Phase wollen wir auf Grundbegriffe und damit zusammenhängende Konzepte eingehen. Welche Theorien lassen uns das Verhältnis von Technologie und Gesellschaft kritisch analysieren? Wie weit reicht die mit der Digitalisierung einhergehende Veränderung gesellschaftlicher Produktivkräfte: lässt sich bereits von einem digitalen Kapitalismus als neuem Akkumulationsregime sprechen? Und wie weit reichen die Prozesse der autoritären Formierung? Für uns erschöpfen sich diese nicht in einem Vorrücken rechtspopulistischer Kräfte, sondern umfassen auch einen parallel verschärften Neoliberalismus und einen autoritären Umbau sicherheitsbezogener Aspekte des Staates.
In der zweiten Workshopphase wollen wir dem inneren Verhältnis von autoritärer Formierung und Digitalisierung nachgehen. Dazu werden wir an Hand von Beispielen zwei gegensätzliche Thesen zur Diskussion stellen. Gibt es einen inneren Zusammenhang von Digitalisierung und autoritärer Formierung? Werden wir Zeuge eines digitalen Autoritarismus? Oder stehen die beiden Phänomene lediglich in einem additiven Verhältnis zueinander?
Der Workshop richtet sich an alle, die an den Themen Digitalisierung oder autoritäre Formierung interessiert sind, setzt aber prinzipiell keine speziellen Vorkenntnisse voraus.
Mit: Lars Bretthauer, Annemarie Kern, Robert Koepp, Christian Meyer
16:00-17:30 Uhr: Antidemokrat_innen in Parlamenten und Regierungen. Folgen für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie (Facebook-Event)
Alexander Gauland will seine politischen Gegner „in Anatolien“ entsorgen. Er entspricht damit der Auffassung eines rechten Vordenkers, der der „Konservativen Revolution“ zugeordnet wird - Ernst Jünger schrieb bereits 1925: „Ich hasse die Demokratie wie die Pest.“ Was also, wenn ausgewiesene Antidemokraten den parlamentarischen Weg bestreiten um die Demokratie abzuschaffen? Was, wenn die Polizei eine Razzia beim Verfassungsschutz macht und sich die Akten des Geheimdienstes in den Händen der Rechten wiederfinden wie in Österreich? Was, wenn wie in Polen die Richter*innen des Obersten Gerichtes aussortiert und in den vorgezogenen Ruhestand versetzt werden, weil sie sich gegen die Demontage des Rechtsstaats durch die Regierung gestellt hatten? Was, wenn Präsidentenamt, Regierungschef und Parteivorsitzender zu einer One-Man-Show verschmelzen und in dieser per Dekret regiert werden kann, wie nun in der Türkei nach Inkrafttreten des neuen Präsidialsystems? Was, wenn wie in ganz Europa tausende gegen Austerität und Troika auf die Straße gehen und die Erfahrung machen, dass die Losung “There is no alternative” durchregiert wird und ihr Protest folgenlos niedergeschlagen wird. Über den Umgang und die Konsequenzen mit diesen und ähnlichen Szenarien gibt es wenig Einigkeit. Die einen wollen mit Rechten reden. Andere sagen, man müsse sie ignorieren. Wieder andere setzen auf eine Ausgrenzungsstrategie. Und während die Zivilgesellschaft in Deutschland nach der richtigen Strategie sucht, begehen Rechte Brandanschläge und gewalttätige Überfälle auf Migrant*innen, Geflüchtete, Jüd*innen und Linke.
In der Diskussion möchten wir unter anderem folgenden Fragen nachgehen: Welche Folgen haben antidemokratische Konservative für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit? Welchen Elementen kommt in ihren Staatsprojekten eine zentrale Rolle für den autoritären Umbau der Gesellschaft zu? Inwiefern ersetzen korrupte und/oder klientelistische Netzwerke mehr oder weniger transparente staatliche Bürokratien? In welchem Verhältnis stehen autoritäre konservative Staatsprojekte zu neoliberal-technokratischen Strategien der Abschottung des Staats von demokratischer Teilhabe? Wie wirken sich autoritäre Politikformen auf das alltägliche Verständnis von Demokratie aus? Wie ist die Beziehung zwischen antidemokratisch-konservativen Akteuren und neonazistischen bzw. faschistischen Gruppierungen? Welche Auswirkung haben digitale soziale Medien? Welche Ansatzpunkte gibt es, um Demokratie demgegenüber radikaldemokratisch auszuweiten und zu vertiefen?
mit: Lukas Oberndorfer, Gülçin B. Çoşkun, Alke Jenss und Theresa Elena Gessler
17:30-19:00 Uhr: Workshopphase I
Andauernder Ausnahmezustand und der autoritäre Staatsumbau in der Türkei (Facebook-Event)
Seit 2016 befindet sich die Türkei im Ausnahmezustand und seit der Wahl im Juni 2018 konzentriert sich ein Großteil der Entscheidungsgewalt auf die Person Recep Tayyip Erdoğans. Die Situation in der Türkei ist geprägt von einer repressiven Stimmung gegenüber kritischen Stimmen, Wissenschaftler_innen und Journalist_innen. Willkürliche Inhaftierungen und Krieg gegen kurdisch verwaltete Gebiete (Afrin) sowie eine kriminalisierende Kampagne gegen die linke HDP vor der vergangenen Wahl kennzeichnen die gegenwärtige Regierung der AKP in der Türkei ebenso, wie eine zunehmende Islamisierung der Gesellschaft und die wirtschaftliche Instabilität der Türkei. Im Zentrum der Auseinandersetzung auf der Tagung stehen vor diesem Hintergrund folgende Fragen: Welche Elemente sind ausschlaggebend für den Umbau der türkischen Gesellschaft? Was bedeuten die Veränderungen für das alltägliche Verständnis von Demokratie in der Türkei? Wie gestalten sich die Beziehungen zwischen konservativen und neofaschistischen beziehungsweise völkisch-nationalen Akteur_innen und welche Rolle spielt Religion dabei? Im Workshop werden demokratie-, klassen-, geschlechter- und migrationspolitische Ursachen und Konsequenzen dieser Politik diskutiert.
Dazu haben wir folgende Referent*innen eingeladen: Aslı Polatdemir, Ilker Ataç, Ismail Küpeli, Betül Yarar, Ergun Özgür, Gülçin B. Çoşkun, Hakan Mertcan, Mine Gencel Bek, Zafer Yılmaz, Melehat Kutun, Zeynep Kıvılcım, Axel Gehring und Alp Kayserilioğlu
Nuevo Autoritarismo. Repressive konservative Politik in Brasilien und Kolumbien (Facebook-Event)
Antidemokratische konservative Politik hat in Kolumbien und Brasilien eine lange Tradition, die vom rassistischen Kolonialsystem bis hin zu den autoritären Regimen des 20. Jahrhunderts reicht. Trotz der Demokratisierung in den 1980er und 1990er Jahre bestanden starke autoritäre Elemente weiter fort. Bis heute nutzen etwa Sicherheitskräfte und vom Staat tolerierte private Akteure selektive Bedrohungen, willkürliche Verhaftungen und Morde, um Gewerkschafter*innen, oppositionelle Politiker*innen oder Journalist*innen einzuschüchtern. Ein Beispiel hierfür war unter anderem die Ermordung der Stadträtin von Río, Marielle Franco. Die gegenwärtigen Regierungen von Michel Temer und Iván Duque stehen für einen militanten Konservatismus, der sich im Alltag gegen soziale Bewegungen, Indigene, Linke oder Menschen mit einer als abweichend konstruierten sexuellen Orientierung richtet. Mit Jair Bolsonaro hat bei den Präsidentschaftswahlen in Brasilien 2018 zudem ein Kandidat, der sich durch Rassismus, Homophobie, Sympathien für Militärdiktaturen und offen vorgetragenes faschistisches Gedankengut auszeichnet, laut Umfragen Chancen, die Stichwahl zu erreichen. Ursache ist auch die - laut brasilianischer Staatsanwaltschaft - systematische Korruption der Regierung Temer, bei denen es um Bestechungsgelder in Höhe von mindestens 587 Millionen Reais (154 Millionen Euro) geht. Das brasilianische Parlament hatte nichtsdestotrotz die Aufhebung der Immunität Temers verweigert. Im Workshop werden demokratie-, klassen-, geschlechter- und migrationspolitische Ursachen und Konsequenzen dieser Politik diskutiert.
Dazu haben wir folgende Referent*innen eingeladen: Alke Jenss, Caren Mieseberger, Carolina Vestena, Lisa Carstensen, Raul Zelik und Anne Engelhardt
Geht´s den einen gut – geht’s uns allen gut? - Marktradikale Rechte in Deutschland und Österreich (Facebook-Event)
Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz und der deutsche Innenminister Seehofer zeigen, dass es für Rechtspopulismus nicht zwingend die AfD oder FPÖ braucht. Die beiden rechts-konservativen folgen der Agenda rechter Parteien um ihre Klientel nicht zu verlieren und das heißt: „Grenzen dicht!“ Einig ist man sich, dass eine neue Allianz mit Orbáns Ungarn nützlich sein könnte und so bahnt sich eine neue Allianz an, die die Unterdrückung von Minderheiten, die Einschränkung demokratischer Rechte und die weitere Verschärfung der neoliberalen Durchökonomisierung (12-Stundentag) gemeinsam vorantreiben könnte. Im Workshop werden demokratie-, klassen-, geschlechter- und migrationspolitische Ursachen und Konsequenzen dieser Politik diskutiert.
Dazu haben wir folgende Referent_innen eingeladen: Paula-Irene Villa, Lukas Oberndorfer, Silke van Dyk, Julia Simon, Thomas Gesterkamp, Ceren Türkmen, Bernd Belina, Stefanie Adamitz, Daniel Mullis, Paul Zschocke, Maximilian Fuhrmann, Karoline Georg, Sarah Schulz, Ines Höckner und Stefanie Gräfe
Völkischer Illiberalismus. Der autoritäre Umbau von Staat und Gesellschaft in Ungarn und Polen (Facebook-Event)
Mit der Fidesz und der Prawo i Sprawiedliwość (PiS) regieren in Ungarn und Polen konservative Parteien, deren politische Programmatik stark völkisch geprägt ist. So setzte der ungarische Staatspräsident Viktor Orbán im letzten Wahlkampf auf antisemitische und antimuslimische Ressentiments, der polnische Außenminister Witold Waszczykowski warnte 2016 vor „einem neuen Mix von Kulturen und Rassen, eine[r] Welt aus Radfahrern und Vegetariern“. Beide Regierungen stehen für einen autoritären Umbau des Staates (z.B. indem unabhängige Richter durch regierungstreue Ministerialbeamte ersetzt werden) und eine repressive Politik gegenüber unabhängigen Medien und NGOs. Gesellschaftlich ohnehin marginalisierte Gruppen (z.B. Sinti und Roma oder Obdachlose) werden kriminalisiert und ausgegrenzt, Frauenrechte (z.B. das Recht auf Abtreibung) eingeschränkt. Die Entwicklungen in Ungarn und Polen stehen damit exemplarisch für antidemokratisch-konservative politische Strategien, wie sie mittlerweile in der EU auch die italienische oder österreichische Regierung verfolgen. Im Workshop werden demokratie-, klassen-, geschlechter- und migrationspolitische Ursachen und Konsequenzen dieser Politik diskutiert.
Dazu haben wir folgende Referent*innen eingeladen: Theresa Gessler, Joachim Becker, Marc Speer, Eszter Kováts, Jennifer Ramme, Maximilian Pichl und Holger Politt
20:15-21:45 Uhr: Problematizing of Academic Labour and Academic Freedom, organisiert von Peace for Academics (BAK) (Facebook-Event)
Samstag, 01.12.2018
10:00-11:30 Uhr: Klassenverhältnisse und antidemokratischer Konservatismus. Zum Verhältnis von Ohnmachtserfahrungen, Rassismus und exklusiver Solidarität (Facebook-Event)
Abstiegsängste, soziale Verunsicherung und klassenspezifische Repräsentationskrisen spielen in gegenwärtigen linken Debatten um antidemokratische Konservative eine wichtige Rolle. Einige beklagen, dass sich „die Linke“ von Teilen „der Arbeiterklasse“ abgewendet habe und damit den Aufstieg rechter Parteien ermöglicht habe (z.B. die Debatte um „progressiven Neoliberalismus“, „Kosmopolitismus“ und vermeintlichen „no border-Neoliberalismus“). Andere betonen, dass sich im Zuge neoliberaler Vergesellschaftung innerhalb der Arbeitswelt autoritäre und exklusiv-solidarische Einstellungsmuster herausbilden, die vorherige Formen eines betrieblichen und gewerkschaftlichen Universalismus untergraben. Umstritten ist auch die Frage, welche Klassenzusammensetzung antidemokratische Konservative repräsentieren: Während einige in ihnen Parteien „neue Arbeiterparteien“ – insbesondere des abgehängten Prekariats – erkennen, heben andere die neoliberale Ausrichtung und mittelständische Prägung entsprechender Parteien hervor. Uneinigkeit besteht zudem über die Vermittlung von Rassismus bzw. gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und klassenspezifischen Erfahrungen, z.B. darüber ob flüchtlingsfeindliche Mobilisierungen in erster Linie als Symptom von Ohnmachtserfahrungen und sozialen Verteilungskämpfen im Neoliberalismus oder als Teil und Ergebnis seit langem bestehender rassistischer und nationalistischer Einstellungsmuster gewertet werden.
In der Diskussion möchten wir unter anderem folgenden Fragen nachgehen: Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem Aufstieg antidemokratischer Konservativer und sozialen Abstiegs- und Verunsicherungsprozessen? Welche Rolle spielt die Austeritätspolitik der EU? Welche Rolle spielt die Festlegung auf abhängige Entwicklungsmuster durch die EU in den zentralosteuropäischen Ländern? Wie steht der Aufstieg im Verhältnis zu Ohnmachtserfahrungen und „adressatenloser Wut“ im Betrieb und auf dem Arbeitsmarkt? Wie wichtig sind Wohlfahrtschauvinismus, „imperiale Lebensweise“ und „exklusive Solidarität“ als Erklärungsfaktoren? Welche Klassenbasis haben antidemokratisch-konservative Parteien? Wie sind sie arbeits- und sozialpolitisch ausgerichtet? Welche Formen der Entsolidarisierung werden durch sie ausgelöst bzw. verstärkt? Welche Chancen bietet in diesem Zusammenhang eine neue Klassenpolitik und wie könnte diese aussehen? Was können Gewerkschaften tun?
Mit Inputvorträgen von Silke van Dyk, Joachim Becker, Ingar Solty und Alp Kayserilioğlu
11:30-13:00 Uhr: Workshopphase II
(Fortsetzung der länderspezifischen Workshops)
14:00-15:30 Uhr: Mitgliederversammlung der AkG
15:30-17:00 Uhr: Für die patriarchale Herrschaft der Männer. Konservative Strategien gegen Gleichberechtigung und selbstbestimmte Sexualität (Facebook-Event)
Traditionelle Geschlechterordnungen, die heteronormative Kleinfamilie, der Kampf gegen davon abweichende Lebensformen sowie Anti-Feminismus bzw. Anti-Genderismus spielen in der politischen Inszenierung vieler autoritär-konservativer Parteien und Regierungen eine wichtige Rolle. Die Parteien werden gleichzeitig in der Regel deutlich häufiger von Männern gewählt, ihr politisches Personal ist stark männerdominiert – auch wenn sie sich häufig bemühen, weibliche Frontfrauen sichtbar zu machen. Kontrastierend dazu wird sexualisierte Gewalt ethnisiert und - über von antimuslimischem Rassismus geprägte stereotype Bilder - auf ein Problem vermeintlich rückständiger muslimischer Eingewanderter und Geflüchteter reduziert. Legitimiert werden traditionelle Geschlechterordnungen durch anekdotische alltagsweltliche ‘Beweise’ (z.B. “Jungs sind nun mal wilder als Mädchen”) oder unter Verweis auf eine scheinbar von der Natur vorgegebene (Gesellschafts-)Ordnung.
In der Diskussion möchten wir unter anderem folgenden Fragen nachgehen: Welche Rolle spielen Männerbünde und maskulinistisch geprägte Strukturen? Welche Erklärungskraft kommt der Kategorie Geschlecht zu? Welche geschlechterpolitischen Strategien verfolgen antidemokratische Konservative konkret und welche Rolle spielen dabei Antifeminismus bzw. Anti-Genderismus? Inwiefern werden Geschlechterverhältnisse ethnisiert und welche Konsequenzen hat das? Welche Potentiale ergeben sich aus dem Konflikt zwischen konservativen Gesellschaftsvorstellungen und der alltäglich gelebten Vielfalt von Geschlechterrollen? Welche feministischen Strategien gibt und bräuchte es?
Mit Inputvorträgen von Caren Mieseberger, Gabriele Michalitsch, Thomas Gesterkamp, Jennifer Ramme und Aslı Polatdemir
17:00-18:30 Uhr: Workshopphase III
(Fortsetzung der länderspezifischen Workshops)
19:30-21:30: Welche offene, solidarische und gleichberechtigte Gesellschaft? Zur aktuellen Debatte um Migration und Migrationspolitik (Arbeitstitel)
u.a. mit Thomas Sablowski und Alex Demirović
Sonntag, 02.012.2018
09:30-11:00 Uhr: Migrationspolitik, Asyl und autoritärer Populismus. Zwischen Humanismus, Verteilungskonflikten und entmenschlichender Aggression (Facebook-Event).
Am Ende sind es zwei Fragen, die in einer verhandelt werden und gleichzeitig sind sie von zentraler Bedeutung: In der Migrationsfrage steckt die Verteilungsfrage zwischen den kapitalistischen Zentren und der Peripherie. Und zweitens steht und fällt mit ihr nichts weniger als der Gehalt des Begriffes „Humanismus“. Trumps „America first!“ und „I´m gonna build a wall“ haben in Europa längst Schule gemacht. Kommen soll nur, wer seine Arbeit in den Dienst des nationalen Standortes stellen kann. Alle anderen werden zu „Unnützen“. Sie müssen draußen bleiben. In der Konsequenz wird der endgültige Verrat am Asylrecht als Menschenrecht begangen, Seenotrettungsschiffe werden behindert und kriminalisiert, die Außengrenzen werden militarisiert. Tausende ertrinken im Mittelmeer. Noch 2017 war die Behinderung der Seenotrettung Agenda der extrem rechten “Identitären”, die erfolglos versuchten Rettungsschiffe zu blockieren. Ein Jahr später ist die Kriminalisierung der Seenotrettung zur Leitlinie der europäischen Politik geworden. Und während der deutsche Innenminister Seehofer sich zu seinem 69. Geburtstag über 69 Abschiebungen freut, rufen Pegida-Anhänger “Absaufen, Absaufen!”.
In der Diskussion möchten wir unter anderem folgenden Fragen nachgehen: Welche Auswirkungen haben antidemokratische Konservative für Geflüchtete und andere (vermeintliche) Minderheiten? Wie verändern sie das ohnehin restriktive Migrationsmanagement? Welche neuen diskursiven Strategien entstehen, die Rassismus unsichtbar machen? Welche Rolle spielen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und historisch sedimentierte rassistische Narrative? Wie wirkt sich Hate Speech in sozialen Medien auf die demokratische Öffentlichkeit aus? Welche Rolle kommt der Entrechtung z.B. von Geflüchteten für den allgemeinen autoritären Umbau der Gesellschaft zu? Welche inklusiven Solidaritäten und Erfahrungen entstehen in der postmigrantischen Gesellschaft und wo entwickeln sie ein widerständiges Potential?
Mit Inputvorträgen von Carolina Vestena, Ceren Türkmen, Maximilian Pichl, Ilker Ataç und Helge Schwiertz
11:00-12:30 Uhr: Workshopphase IV
(Fortsetzung der länderspezifischen Workshops)
12:30-13:30 Uhr: Abschlussdiskussion
Organisatorisches
Die Tagung ist kostenlos, wir bitten jedoch um einen Unkostenbeitrag zur Verpflegung.
Es wird bei Bedarf eine kostenlose Kinderbetreuung angeboten (s. Anmeldeformular).
Dateien
- Programm AkG-Tagung 2018 in Hamburg pdf, 4.27 MB